Bronchitis, stabiles Myelom, Realisierung Gesundheitszustand
- Antje Hoell
- 15. Juli 2021
- 3 Min. Lesezeit
Die Zeit vergeht. Sie verfliegt förmlich. Jeder Tag ist anders. Jeder Tag stellt mich vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Einige erledige ich gern, andere fordern und überraschen mich, wie auch meine Bronchitis mit beginnender Lungenentzündung. Ich war sooo stolz, dass ich im zurückliegenden Jahr nicht einmal krank war, seit Christian und ich wieder an der Küste wohnen. Ich dachte, mein Immunsystem ist stark genug, um Keimen jeglicher Art zu widerstehen. Die Rechnung mit Kinderkeimen habe ich dabei allerdings nicht gemacht. Und so habe ich mich vor zwei Wochen bei der schnupfenden und hustenden Tochter meiner Freundin angesteckt und eine Bronchitis entwickelt. Mit viel Kraftanstrengung habe ich mich damit letzte Woche Freitag zu meinem Oberarzt geschleppt, denn dort hatte ich meinen vereinbarten Kontrolltermin. Mein Oberarzt war außerordentlich fürsorglich, hat sofort erkannt, dass es mir nicht gut geht. Mit Blick auf meine Laborwerte lächelte er jedoch. Ich hatte das Gefühl, dass er sehr überrascht war, fast sprachlos. Mein Myelom ist, trotz Therapiepause seit Ende März, nicht! aktiv geworden. Die kritischen Werte haben sich ebenfalls nicht verändert. Was für eine wundervolle Nachricht. Wie hat meine Freundin Dani in einem Blogkommentar einmal geschrieben, ich befinde mich auf einer Fahrradetappe. Mal kommen Anstiege, mal Abfahrten und manchmal auch eine gerade Strecke, auf der Rennradfahrer gerne durchatmen und wieder Kraft sammeln. Die stabilen Werte lassen mich und den Oberarzt ebenfalls durchatmen. Sie schenken mir Zeit zum Planen und Sortieren, Zeit, um mich mit dem nun anstehenden Thema, der wohl bevorstehenden Erwerbsminderungsrente, zu beschäftigen. Dem Thema werde ich bestimmt noch einen eigenen Blogbeitrag widmen. Eines sei schon einmal gesagt, ohne meinen Mann, wäre ich bereits ein Sozialfall. Jetzt in die Opferrolle zu verfallen und auf die ungerechte Bezahlung in vielen Jobs einzugehen und hinzuweisen, bringt mich nicht weiter. Auch wenn ich, aufgrund der wundervollen Jobs, die ich in den letzten Jahren ausgeübt habe, die jedoch nicht gut bezahlt wurden, allein ein Sozialfall wäre, verbitte ich es mir, einen Schuldigen zu suchen. Wie schon immer in meinem Leben, nehme ich auch diese Herausforderung an und versuche meinen Weg, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln und lieben WegbegleiterInnen, zu gehen.
Ich realisiere nach und nach, dass mein Körper irreparabel krank ist. Ich habe Knochenmarkkrebs, der sich in meiner Blutbahn, im ganzen Körper befindet und damit mein komplettes Immunsystem für immer schwächen wird. Das werde ich nicht mehr ändern können. Erst jetzt verstehe ich die Diagnose chronisch und unheilbar. Wie soll ich etwas behandeln, was den kompletten Körper befallen hat? Jetzt verstehe ich, wieso Menschen mit meiner oder ähnlichen Diagnosen schnell den Kopf in den Sand stecken und sich gehen lassen. Es bedarf Zuversicht, liebe Menschen, die einen begleiten, Lebensfreude und einen starken Lebenswillen, alles dafür zu tun, um trotz allem, ein gutes Leben zu führen. Was mir dabei hilft, sind vor allem Gespräche mit lieben FreundInnen, wie auch heute, mit meiner lieben Ruth. Die mir mit ihrer klaren Darlegung meiner Situation dabei geholfen hat, diese Zeilen schreiben zu können. Was mich besonders trägt, ist meine gelebte Dankbarkeit. Seit 1,5 Jahren ist das 6-Minuten Tagebuch mein täglicher Begleiter. Darin notiere ich morgens drei Dinge wofür ich dankbar bin und plane meinen Tag. Am Abend blicke ich auf den Tag zurück, schaue, was ich Gutes getan habe und schreibe drei tolle Dinge auf, die ich an dem Tag erlebt habe. Es gibt Tage, an denen mir aufgrund von Schmerzen, Traurigkeit, gefühltem Sch…tag nichts einfällt. Wenn ich mir jedoch Zeit nehme, in mich hineinfühle und horche, fallen mir immer Dinge ein, für dich ich dankbar bin. Dabei geht es um Kleinigkeiten. Das können die Freude über die erste Möhre in meinem Hochbeet (s. auch Foto), der Plausch mit den Nachbarn, das Rauschen des Windes sein. Diese Dankbarkeit trägt mich.
Von Herzen wünsche ich, dass auch ihr euch jeden Tag ein paar Minuten Zeit nehmt, um Danke zu sagen. Danke für euer Leben, vor allem eure Gesundheit und für das, was euer Leben bereichert und sei es noch so klein und unscheinbar.

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