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Chemotherapie, ein weiteres Geschenk sowie wohlwollende und herzerfrischende Nachrichten

  • Antje Hoell
  • 12. März 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Gestern war Donnerstag… erneut Therapietag. Nach einer wohltuenden Pause von 3 Wochen habe ich wieder meinen „Cocktail“ an Medikamenten erhalten, um es mit netten Worten auszudrücken. Es lief alles so routiniert ab: Zuerst der Piecks in den Finger, um ein aktuelles Blutbild zu erhalten, danach das Gespräch mit einer der jungen sehr kompetenten Ärztinnen, dann 2 Paracetamol Tabletten, ½ Stunde warten bis diese wirken, dann der Zugang für die Infusion mit dem Dexamethason und der mir verhassten Spritze gegen allergische Reaktionen (da diese einen den ganzen Tag „tüdelig“ macht). ½ Stunde warten, „wegtüdeln“ von der Spritze, dann die eigentliche Chemo-Dosis mit dem Antikörper Daratumamab, der mir in Form einer dicken Spritze 5min in den Bauch gegeben wird. Danach ab nach Hause und schlafen und essen und schlafen und dösen und lesen und dösen. An dem Tag ist weiter nichts möglich. Langsam, aber sicher, verstehe ich den Sinn hinter dem Therapieweg, den ich gewählt habe. Bisher habe ich mir in meinem Leben nur sehr selten erlaubt, nichts zu tun. Und wenn ich nichts getan habe, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Einfach dazuliegen, nicht zu planen, sauber zu machen, zu telefonieren usw., schien mir fremd und verboten zu sein. Jetzt habe ich an dem Donnerstag keine andere Wahl, als mich auszuruhen. Und es fühlt sich gar nicht einmal so schlecht an! Denn gestern habe ich mir das erste Mal von Herzen die Erlaubnis gegeben, das gefühlte „Nichtstun“ als wichtig und notwendig für mich zu betrachten und anzunehmen. Das mag der einen oder dem anderen vielleicht fremd erscheinen. Für mich ist es ein Geschenk. In Japan gibt es ein Prinzip ‚Kensho und Satori‘, das besagt: Um den eigenen Lebenssinn zu finden, gibt es prinzipiell 2 Möglichkeiten. Der Weg des Schmerzes = Kensho und der Weg des Bewusstseins = Satori. Ich habe beide Wege gewählt, den des Schmerzes und den des Bewusstseins. Und ehrlich gesagt, möchte ich keinen missen. Erst durch die schmerzhafte Therapie, in der ich immer wieder dazu gezwungen werde, auf meine innere Stimme zu hören, ihr endlich zu vertrauen, die angebotene Therapie zu hinterfragen und mir Auszeiten zu nehmen, so viele ich benötige!, habe ich begonnen, MEINEN Weg zu gehen, auf mich zu hören und mich nicht abhängig von Meinungen anderer zu machen. Und gleichzeitig gehe ich weiterhin meinen Weg des Bewusstseins, in dem ich regelmäßig Yoga praktiziere sowie Dankbarkeit für das Kleine und Große, das mich umgibt.

Und schon bin ich bei den auf dem Foto abgebildeten Herzen. Diese habe ich von einer lieben Bekannten erhalten. Ich finde sie wunderschön. Die Bekannte hat die Herzen selbst angefertigt. Die Schneeglöckchen habe ich heute gepflückt, um ein kleines Stillleben für Euch, liebe LeserInnen, zu gestalten. Ich hoffe, es zaubert ein kleines Lächeln, ein verzücktes „Ach wie schön“ auf euer Gesicht und bereichert euren Start in das wohlverdiente Wochenende. Zusätzlich habe ich ein paar wundervolle Nachrichten auf meinen letzten Blogbeitrag erhalten. Eine Nachricht hat mich besonders berührt und gleichzeitig zum Lachen gebracht. Meine liebe Freundin Dajana (ich habe sie vorher gefragt, ob ich auf ihre Nachricht eingehen darf) hat mir geschrieben: „… das Lesen ist ein bisschen wie in die Kirche gehen … Ich bin kein Kirchgänger, aber so stelle ich es mir vor …„. Ich war gerührt und glücklich zugleich. Heute hat sie mir am Telefon erklärt, was sie dazu bewogen hat. Es ist die Verbundenheit, die Gemeinschaft, das Zusammensein, was Menschen in einer Kirchgemeinde erfahren. Und diese Verbundenheit hat Dajana nach meinem Blogeintrag gefühlt. Wir alle sind miteinander verbunden. Niemand von uns kann leben ohne seine Mitmenschen, ohne Berührungen und liebe Worte. Deshalb seid mutig und sprecht über eure Sorgen und Ängste und scheut euch nicht davor, Menschen, die wie ich, an Krebs erkrankt sind, direkt anzusprechen. Es tut so gut, zu wissen, nicht allein zu sein und begleitet zu werden, von lieben Menschen.


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