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Ein emotionaler Durchhänger und ein außergewöhnlich fürsorglicher Arzt

  • Antje Hoell
  • 28. Apr. 2021
  • 2 Min. Lesezeit

Permanent kreisen meine Gedanken um die Frage: Wie geht es weiter? Höre ich mit der Therapie auf und hoffe darauf, dass das Myelom vorerst „Ruhe gibt“ und nicht so schnell wieder „erwacht“? Oder erhalte ich weiterhin, in größeren Abständen meine „Therapiedosis“ mit dem Daratumamab? Und – bin ich zusätzlich verrückt genug, den ersten Schritt für eine in der evtl. Zukunft liegenden Stammzelltransplantation zu gehen? Viele Fragen, die mich emotional sehr belasten. Deshalb fällt es mir zurzeit schwer, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Ich beginne „abzurutschen“ in eine Leere und gefühlte Perspektivlosigkeit. Zum Glück bin ich umgeben von Menschen, die mich verstehen, mich emotional „aufbauen“, mir Mut und Kraft schenken. Zu diesen Menschen gehört auch mein Oberarzt. Ich hatte gestern einen Termin mit ihm, um meine weitere Therapie zu besprechen. Mit Herzklopfen habe ich sein Zimmer betreten, weil ich ihm sagen wollte, dass ich nicht mehr kann und die Therapie am liebsten beenden will. Er hat es gespürt. Er hat ausgesprochen, was ich gefühlt habe und mir eine Auszeit von zwei Wochen „verordnet“ - Meine Aufgabe ist es, in den nächsten zwei Wochen nicht an die Erkrankung und die Therapie zu denken. Mein „Rezept“ besteht darin, mir Gutes zu tun, Freude zu erleben und Kraft zu schöpfen. – Wer kennt schon einen Arzt, dazu noch einen Oberarzt, der einem ein „lebensbejahendes Rezept“ ausstellt, der nicht nach Schema F arbeitet und individuell auf die PatientInnen eingeht? Zusätzlich zum „lebensbejahenden Rezept“ haben wir die Optionen bzw. Notwendigkeiten der Therapie besprochen. Dazu gehört: 1. Die weitere Gabe des Antikörpers Daratumamab, um den Krebs „in Schach zu halten“ und zu „drücken“ und 2. Eine Mobilisierung der Stammzellen, um diese für eine spätere Therapie einzufrieren. Diese Mobilisierung ist extrem belastend für den Körper, da toxische Zytostatika einzunehmen sind, die zu krassen Nebenwirkungen wie Haarausfall, Übelkeit, Erbrechen, uvm. führen. Mein Knochenmark ist irreversibel geschädigt, die Produktion der weißen Blutkörperchen gestört. Woran das liegt, kann sich der Oberarzt nicht erklären. Deshalb ist er sehr vorsichtig und wägt genau ab, welches Medikament, welche Zytostatika er mir gibt und berücksichtigt meinen Gesundheitszustand. Wie auch jetzt. Obwohl ich bereits im März meine letzte „Dosis“ erhalten habe, erholt sich mein Körper nur langsam von der Therapie. Ich fühle mich platt und gewinne nur nach und nach wieder an Kraft und Energie. Ich will versuchen, in den nächsten Tagen und Wochen mir täglich Gutes zu verordnen, auch wenn es mir heute extrem schwer fällt, daran zu glauben, dass ich das schaffe. Morgen sieht die Welt vielleicht schon anders aus. Dazu ein passendes Zitat von Khalil Gibran:

"Man muss durch die Nacht wandern, wenn man die Morgenröte sehen will."


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